Gröpelingen ist seit Jahrzehnten ein Ankommensstadtteil für Zuwander:innen und Integrationsmotor für die gesamte Stadtgemeinde Bremen. Diese Rolle ist stark von der Geschichte des Stadtteiles geprägt. Die Entstehung und Entwicklung des heutigen Gröpelingen ist auf die Hafenwirtschaft zurückzuführen. Im Laufe der Industrialisierung entstand durch den Ausbau des Hafens aus dem dörflichen Gröpelingen ein dicht besiedeltes Arbeiterviertel. Durch den Umzug der AG Weser nach Gröpelingen und dem weiteren Ausbau der Häfen entwickelte sich die Werft zum größten Arbeitgeber Bremens. Mit der Anwerbung von Gastarbeiter:innen sind viele Migrant:innen nach Gröpelingen gezogen. Die Schließung der AG Weser im Jahr 1983 hatte weitreichende Folgen für den Stadtteil. Viele Menschen verloren ihre Arbeit und aus dem Arbeitsviertel entwickelte sich mit der Zeit ein Stadtteil mit vielen sozialen Problemlagen. Seither treten in Gröpelingen neben einer Vielzahl von städtebaulichen Problemen auch immer mehr vielschichtige soziale und strukturelle Separierungstendenzen zutage.
In vielen deutschen Großstädten ist eine Segregation zu beobachten. Die ungleichmäßige Konzentration verschiedener Bevölkerungsgruppen in unterschiedlichen Teilräumen der Stadt hat zur Folge, dass in diesen Stadtteilen konzentriert Menschen leben, die soziale, kulturelle oder ethnische Gemeinsamkeiten haben. Die Segregation wird zu einem Problem, wenn sich Armut und Arbeitslosigkeit in Wohngebieten festsetzen und eine strukturelle Benachteiligung befördert wird. Gröpelingen zählt mit der höchsten Arbeitslosenquote und dem niedrigsten Durchschnittseinkommen aller Bremer Stadtteile zu einem der ärmsten Stadtteile Bremens. Der Gesundheitszustand der dort lebenden Menschen ist von gesundheitlicher Ungleichheit geprägt und die Gesundheitsversorgung mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert.
Wir sehen es als unsere Aufgabe, neue Konzepte und spezifische Zugänge zu erproben, die dazu beitragen, unsere formulierten Ziele für die Gesundheitsfürsorge in Gröpelingen zu erreichen. Für uns bedeutet Chancengleichheit in der Gesundheitsförderung einen gleichwertigen Zugang zur Versorgung und die gleiche Qualität zur Deckung von Bedarfen sowie Bedürfnissen.
Unser Ziel für Gröpelingen ist es, eine Gesamtstrategie zu entwickeln, die nachhaltig die Gesundheitsstrukturen und somit auch die Gesundheit vor Ort verbessert.
Mit dem LIGA werden wir den Menschen in Gröpelingen eine umfassende Gesundheitsfürsorge mit niedrigschwelligen Zugängen bieten. Für die Bevölkerung in Stadtteilen wie Gröpelingen ist der Zugang zu gesundheitsfördernden Angeboten häufig durch soziale, finanzielle sowie räumliche Faktoren erschwert. Sprach- und Kommunikationsbarrieren, kulturelle und armutsbedingte Einflussfaktoren sowie Unwissenheit über Ansprüche und Gesundheitsdienstleistungen sind dafür verantwortlich, dass nicht alle Bevölkerungsgruppen den gleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung finden. Häufig sind gerade diese Bevölkerungsgruppen besonderen sozialen und gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt und haben einen großen Unterstützungsbedarf.
Die Gesundheitsversorgung im LIGA wird in einem interdisziplinären Team stattfinden, in dem Mediziner:innen gleichberechtigt auf Augenhöhe mit weiteren Berufsgruppen zusammenarbeiten. Mit der multiprofessionellen Zusammenarbeit über Berufsgrenzen und Rollenbilder hinweg werden wir Problemen, die durch die Fragmentierung der Gesundheitsversorgung entstehen, entgegenwirken. Eine solche Form sehen wir als notwendige Weiterentwicklung der derzeitigen ambulanten Strukturen an, um auch langfristig mit künftigen Anforderungen, die durch demographische, epidemiologische, wissenschaftlichtechnische und soziokulturelle Veränderungsprozesse ausgelöst werden, Schritt halten zu können. Das LIGA bietet im Vergleich zur herkömmlichen ambulanten Versorgung die Möglichkeit einer alternativen Arbeitsweise, die eine Niederlassung von Ärzt:innen, Therapeut:innen und anderen Gesundheitsfachkräften in einem Stadtteil wie Gröpelingen attraktiver macht.
Neben der gängigen individuellen Verhaltensprävention werden wir im LIGA die Lebensverhältnisse der Menschen, die in Gröpelingen leben, in den Fokus nehmen. Im LIGA werden die medizinischen Leistungen und Verhältnisprävention inhaltlich und organisatorisch miteinander verbunden. Damit wir mit unserer geplanten Struktur an den Verhältnissen ansetzen können, werden wir eng mit den Akteur:innen und Bewohner:innen im Stadtteil zusammenarbeiten. Die Komplexität der Problemlagen ergibt sich aus den materiellen, psychischen und kulturellen Hindernissen sowie Erkenntnisbarrieren. Sie verdeutlichen, dass reine Appelle, die allein auf die Verhaltensänderung abzielen, in diesem Kontext weitgehend wirkungslos bleiben.